2044: SFV: Weitergabe von Personendaten der EM Besucher an beliebige Dritte.

Nominiert: Ralph Zloczower, Präsident des Schweizerischen Fussballverbands (SFV)
Kategorie: Business

Zusammenfassung

"Die Bestellung allein genügt nicht", schrieb der Schweizerische Fussballverband (SFV) Anfang des Jahres allen, die Eintrittskarten für die EM-Spiele der schweizerischen Nationalmannschaft wollten. Der Brief liest sich wie eine Drohung: "Die Tickets werden nur an Personen abgegeben, die das beiliegende Antragsformular vollständig ausgefüllt und unterschrieben haben. Für alle Personen müssen die Angaben auf dem Formular lückenlos vorhanden sein." Der Verband wollte Namen, Adressen, Geburtsdatum und zusätzlich die Nummer des Passes oder der Identitätskarte - und zwar sowohl von den "Antragstellern" selbst als auch von ihren "Gästen", für die sie Karten mitbestellen. Wer das Formular unterschrieb, erkannte gleichzeitig die allgemeinen Geschäftsbedingungen an, die die UEFA für den EM- Kartenverkauf erlassen hatte. Diese, so der SFV, solle man "aufmerksam prüfen. Wer sie nicht erfüllen könne oder wolle, sollte erst gar kein Ticket bestellen.

In Artikel 10 der Geschäftsbedingungen stand, was mit den Daten der TicketbestellerInnen passieren sollte: Sie würden in eine der UEFA gehörende Datenbank eingegeben. Die UEFA konnte sie an Dritte weitergeben, unter anderem an "sorgfältig ausgewählte" Unternehmen, die dann die Fussballfans mit ihrer Werbung eindecken - "vorausgesetzt, dass die Antragsteller im Antragsformular ihr ausdrückliches Einverständnis gegeben haben.". Das klang so, als hätte man sein Einverständnis auch verweigern können. Eine solche Möglichkeit suchte man auf dem Formular jedoch vergeblich. Wie SFV-Sprecher Pierre Benoit gegenüber der WoZ ausführte, sei dies alles bloss ein Missverständnis gewesen: Der SFV habe die Angaben auf dem Formular gegen die Liste der rund 250 Personen abgeglichen, gegen die er ein Stadionverbot verhängt hat. Aber er habe die Daten nicht weitergegeben, sondern nur für die UEFA vorgehalten. Weil die Daten in der Schweiz blieben, könne die UEFA sie auch gar nicht für kommerzielle Zwecke nutzen. Der europäische Fussballdachverband dürfe aber im "Notfall" auf die Informationen zurückgreifen. Dieser Fall trete zum Beispiel dann ein, "wenn sich bei einem Spiel der Schweiz im Stadion ein Vorfall ereignet." Wozu aber braucht der Fussballverband die Angabe der ID- oder Passnummer? Benoit: "Damit auch im Notfall eine Kontrolle möglich ist." Wirklich glaubhaft waren diese Angaben nicht. Verlangte doch die UEFA in ihren Geschäftsbedingungen, dass die ZuschauerInnen beim Einritt ins Stadion nicht nur ein Ticket, sondern auch einen "Identitätsnachweis mit Foto und Unterschrift" vorweisen konnten.

Begründung

Es ist masslos, für den Kauf eines Fussball-Tickets die ID- oder Passnummer zu registrieren. Dass dann diese und andere Daten auch per Einverständnisklausel in den "Allgemeinen Geschaeftsbedingungen" AGB an beliebige Dritte weitergeben werden können, ist absolut nicht verhältnismässig.

Zeitungsartikel